Stand: 2. Februar 1997 |
Zurück | Back: Home Felix Gmünder | Schwimmen Ratgeber und Tipps | Swimming Tips and Advice
Leben ist lebensgefährlich. Früher waren die Menschen vor allem durch Raubtiere, Verletzungen und Infektionen bedroht. In der hochzivilisierten Welt sind Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krebs die häufigsten Killer. Rauchen, Alkohol, unausgewogene Ernährung einschliesslich übermässiger Kalorienzufuhr verkürzen unsere Lebensspanne. Aber wenn man nicht raucht und trinkt, ein regelmässiges und abgesichertes Leben führt, woran stirbt man dann? An Langeweile? Nein, sehr wahrscheinlich sind es vor allem vom Körper selbst gebildete Substanzen, freie Sauerstoffradikale, die unser Leben beenden, falls wir nicht durch Unfall oder Krankheit sterben.
Die maximale Lebenserwartung der verschiedenen Spezies ist sehr unterschiedlich. Ein Kolibri lebt viel kürzer als ein Albatros, eine Maus sehr viel kürzer als ein Mensch. Daraus kann man schliessen, dass die maximale Lebenserwartung genetisch bestimmt ist, allerdings nicht notwendigerweise von einem Gen.
Mitochondrien sind Zellorganellen, in denen, ähnlich wie bei der aus dem Chemie-Einführungsversuch vertrauten Knallgasreaktion, Energie durch Reduktion von Sauerstoff zu Wasser freigesetzt wird und vor allem für die Synthese von ATP, der "Energiewährung" der Zelle, verwendet wird. Mitochondrien sind bei der Entstehung der höheren, eukaryontischen Zellen aus Bakterien hervorgegangen. Davon zeugt heute unter anderem die Tatsache, dass Mitochondrien eine eigene Erbsubstanz (DNA) haben und sich unabhängig vom Zellzyklus vermehren.
Ein bestimmter Anteil, schätzungsweise ein bis zwei Prozent des Sauerstoffs, der in Mitochondrien umgesetzt wird, wird unvollständig unter Bildung von freien Radikalen reduziert. Diese Sauerstoffradikale können die mitochondriale DNA angreifen und dadurch zu einer Veränderung ihrer Erbinformation (Mutationen) führen, welche ihrerseits eine verminderte Leistungsfähigkeit der Mitochondrien bedingt. In den letzten Jahren hat sich gezeigt, dass die Qualität der mitochondrialen DNA und die Energiebereitstellung durch Mitochondrien im Verlauf des Lebens eines Individuums immer schlechter werden. Daraus entwickelte sich die Vorstellung, dass wir eines natürlichen Todes sterben, wenn der Energiegehalt (zum Beispiel gemessen an der ATP-Menge) eines bestimmten Organs unter einen bestimmten Schwellenwert sinkt. Welches Organ dies ist, ist nicht bekannt. Vieles deutet darauf hin, dass der Energiegehalt von Gehirn oder Herz entscheidend ist.
Aus diesen Befunden und Überlegungen folgt, dass die mitochondriale DNA sowohl die Sonde als auch der Informationsgeber für Lebensdauer bzw. Sterben sein konnte: Als Sonde, weil in ihr über die Entstehung Mutationen der Sauerstoffumsatz der Zelle festgeschrieben wird, als Informationsgeber, weil durch die Mutationen eine verringerte Energiebereitstellung bedingt ist.
Die Schutzsysteme, die es erlauben, trotz der permanenten Bildung aggressiver Sauerstoffradikale zu überleben, sind Antioxidantien. Diese kann man in nicht-enzymatische Antioxidantien und Enzyme mit antioxidativen Aktivitäten unterteilen. Zu den ersten zählen eine Vielzahl von Substanzen wie Vitamin C und E, Glutathion, Ubichinon, Liponsäure, Harnsäure und Bilirubin, zu den letzten Superoxid-Dismutasen, Peroxidasen und Katalase.
Die Lebensspanne von Tieren lässt sich experimentell verlängern. So wurde im Frühjahr 1994 berichtet, dass Fliegen um etwa 40 Prozent länger leben, wenn man in ihren Zellen gleichzeitig den Gehalt an Superoxid-Dismutase und Katalase erhöht, einzelne Erhöhung dieser Schutzenzyme jedoch zu keiner Veränderung der Lebensspanne führt. Dieses bemerkenswerte Experiment zeigt sehr klar, dass eine Erniedrigung des intrazellulären Gehalts an Hydroxylradikalen (siehe Kasten) das Leben verlängert. In Säugetieren kann man ebenfalls, auf eine verblüffend einfache Weise, das Leben verlängern: durch Verringerung der Kalorienzufuhr. Ratten oder Mäuse leben etwa 35 Prozent länger, wenn man ihnen nur 60 Prozent der Kalorien anbietet, die sie bei unbeschränkter Kalorienzufuhr zu sich nehmen. Ähnliche Studien werden zurzeit mit Menschenaffen durchgeführt. Daten bezüglich Lebensverlängerung liegen noch nicht vor, aber es zeigt sich bereits, dass Kalorienrestriktion sich positiv auf den Blutdruck und die Regulation des Blutzuckerspiegels auswirkt.
Ist der Befund, dass Kalorienrestriktion lebensverlängernd wirkt, im Einklang mit der Überlegung, dass Sauerstoffradikale lebensbegrenzend sind? Versuche im Reagenzglas legen es nahe. Mitochondrien, deren "Atmungskette" vermehrt mit Elektronen besetzt ist, bilden vermehrt Sauerstoffradikale. Da im lebenden Organismus die Elektronen, die die "Atmungskette" bedienen, letztlich aus der Nahrung stammen, vermutet man, dass übermässige Kalorienzufuhr eine vermehrte Produktion von Sauerstoffradikalen bedingt.
02 + 4e- + 4H+ ------> 2 H20 + Energie.
Dieser der Knallgasreaktion entsprechende Prozess läuft in Mitochondrien kontrolliert und bei niedriger Temperatur ab. Die freiwerdende Energie wird in biochemisch nutzbare Energie und Wärme umgewandelt.Etwa 1 bis 2 Prozent des in den Mitochondrien verbrauchten Sauerstoffs wird mit nur einem Elektron reduziert. Durch diese Reaktion entsteht das Superoxid-Radikal O2-, das seinerseits Wasserstoffperoxid, H202, bilden kann. Weder Superoxid noch Wasserstaffperoxid allein sind besonders gefährlich; sie können jedoch durch Reaktion miteinander, besonders in Gegenwart von Schwermetallionen, das extrem reaktive Hydroxylradikal OH- bilden.
Zurück | Back: Home Felix Gmünder | Schwimmen Ratgeber und Tipps | Swimming Tips and Advice | an den Anfang | Top